Hello Kitty muss sterben - Roman by Angela S Choi

Hello Kitty muss sterben - Roman by Angela S Choi

Autor:Angela S Choi
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Luchterhand Literaturverlag
veröffentlicht: 2010-06-06T00:00:00+00:00


KAPITEL 14

Henry David Thoreau schrieb ein ganzes Buch darüber, wie großartig es sei, allein in der Natur zu weilen, dass der Waldensee das Auge der Erde darstelle, wie fantastisch es sich anfühle, inmitten der Bäume zu sein, dass er lieber allein auf einem Kürbis sitze als auf einem Samtkissen umgeben von anderen Leuten.

Das Problem besteht darin, dass Thoreau niemals im modernen Zeitalter gelebt hat. Wenn er es getan hätte, wäre er vielleicht mehr wie Theodore Kaczynski gewesen, besser bekannt als der Unabomber. Kaczynski verfasste nicht bloß Tagebücher über das Leben im Wald. Er saß nicht bloß gern auf einem Kürbis oder einem Samtkissen. Er verkroch sich im Wald und wurde von Tag zu Tag verrückter, bis er schließlich Briefbomben bastelte, um Menschen umzubringen.

Heutzutage ist die Natur die Lieblingsverbündete von Mördern, Vergewaltigern, hausgemachten Terroristen und allerlei anderen Spinnern. Die Waldenseen verbergen die Leichen und Autos ihrer unglückseligen Opfer. Die reizenden Bäume und Sträucher, die Thoreau so entzückten, bieten diesen Schurken nun reichlich Verstecke und geben Gelegenheit zu Hinterhalten, Chaos, Mord und Terror. Helfen ihnen dabei, Gottes Werk zu verrichten.

Thoreau hatte Glück. Er starb vor dem modernen Zeitalter.

Wenn einen nicht irgendein Psychopath wie der Unabomber im Wald drankriegte, erledigte dies die Natur selbst. Mit ihren Reißzähnen, ihren Stacheln, ihren Krallen, ihren Mäulern, ihren Giften. Und ihrer Kälte, ihrem Regen, ihrer Dunkelheit und ihrem eiskalten Wind. Für den Fall, dass ihre anderen Waffen versagten.

Der Mensch brauchte Jahrtausende, um aus den Wäldern zu kriechen. Warum jemand dorthin zurückgehen und das Wochenende damit verbringen wollte, auf dem Boden zu schlafen, war mir völlig schleierhaft.

»Keine Sorge, Fiona. Meine Freunde und ich haben uns Zelte gekauft. Meines ist groß genug für uns beide.«

»Zelt? Welches Zelt?«

»Zum Campen heute Nacht, nachdem wir die Krabbenfallen aufgestellt haben.«

»Was?«

»Du weißt schon, Camping.«

»Mein Vater hat keinen Ton gesagt, dass wir über Nacht wegbleiben.«

»Hat er dir nicht Bescheid gegeben?«

»Nein.«

Mein Vater hatte keinen Ton gesagt, dass wir campen und ich mir ein Zelt mit Don teilen würde. Oder dass ich die Nacht mitten am Arsch der Welt ohne Schlafsack verbringen musste.

»Don, ich habe noch nicht einmal einen Schlafsack.«

»Oh, ich habe einen zusätzlichen dabei.«

Großartig.

Ich hasse Campen.

Meine Vorstellung von Camping ist, im Motel 6 mit funktionierender Toilette, Dusche und Strom zu wohnen. Und einem beschissenen Bett mit Bettzeug und Kopfkissen, um mich vor dem Dreck von Mutter Natur zu bewahren, weil ich auf alles allergisch bin. Auf Gräser, Pollen, Dreck, Fell, die Welt der Pflanzen, die Welt der Tiere, schmutzige Schlauchboote, Zelte und sogar manche Exemplare aus der Welt der Menschen wie etwa Don.

»Wo campen wir überhaupt, Don? Ich dachte, im Schutzgebiet dürfe man nicht über Nacht zelten.«

»Nein, nicht im Schutzgebiet. Wir fahren zum China Camp.«

China Camp. Vier Meilen östlich von San Rafael an der Küste der Bucht von San Pablo befindet sich der China Camp State Park auf dem Gelände einer alten chinesischen Garnelenfischersiedlung, die einst in den 1880er Jahren ihre Blütezeit hatte. Ursprünglich war dieses Dorf das Zuhause von etwa fünfhundert Einwanderern aus Kanton, China, gewesen. Während ihres goldenen Zeitalters hatte die Siedlung drei Gemischtwarenhandlungen, einen Laden mit Bootszubehör und sogar einen örtlichen Friseur vorzuweisen.



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